Sonntag, Januar 29

Betrunkene Texte sind so voller Wahrheiten.

Ich bin immer noch betrunken. Aber ich glaub, das ist auch was Schönes. Wenn du die Buchstaben nicht ganz recht eintippen kannst, da sie verschwimmen, zittern und Kreise ziehen. Manchmal wünsche ich mir, so zu sein wie die Worte, die aus meinem Mund kommen, wenn ich mit Alkohol im Blut zum Club torkele. Rund und schön, förmlich und keineswegs glatt. Es ist okay, wenn ich ein paar Mal hinke und zwei paar Mal falle, es ist trotzdem lustig und irgendwas ästhetisches ist daran, so kommt's mir zumindest dann immer vor. Die blutigen Knien, nach Zigarettenrauch stinkenden Haare und der Schweiß, der noch an die leere Tanzfläche erinnert. Ich weiß nicht was ich in meinem Leben mache, was ich aus ihm überhaupt machen kann. Ich provoziere, spreche Themen an, die tabu sind. Ich gehe manchmal bisschen zu weit. Früher war das ein Weg den Fußabdruck im nassen Schnee zu hinterlassen. Ich sage "nasser Schnee", weil die verbliebenen Abdrücke nie zu lange halten konnten. Ich war ein Schrei in die Leere, in die stumme Welt, in der alle auf den Boden, anstatt in den Himmel schauen. Ich wollte mit der zitternden Stimme und dem vorgetäuschten Selbstbewusstsein etwas erreichen, von dem ich selbst kaum etwas wusste. Jetzt weiß ich es, denn jetzt bin ich es. Ich war immer eine stille Revolution, ich brach aus, aber keiner wusste genau wie. Jetzt habe ich eine Ahnung von dem, wofür ich stehe, was ich repräsentiere, wohin ich im Leben gehe. Ich habe eine Meinung, das Selbstbewusstsein einfach ich zu sein und kein anderer. Klar bereue ich Sachen, Vorgehensweisen und manche zu blöde Ideen. Trotzdem halte ich daran fest, da sie meine Entscheidungen waren. Jeder kommt mit "2016" war ein so schlechtes Jahr. Ich kann heute gerade (okay vielleicht nicht ganz gerade, der Alkohol machts grad schwer) stehen und die Hand aufheben "Das Jahr war gut, denn ich habe meine Welt verändert.". So oft habe ich darüber geschrieben, dass ich mich umbringen möchte. Und so oft wollte ich es. Und manchmal sogar versucht. Immer klang es gelogen, bescheuert und betrogen, wenn jemand sagte "Es wird besser.". Ich bin mit einer Depression diagnostiziert, von der 97% aller Erkrankten sich nie erholen. Je länger das Trauma zurückliegt, desto schwerer ist es auch zu den winzigen 3% zu gehören. Und es gibt Nächte, in denen ich im Bett liege und mir grundlos die Augen ausweine und alles tut weh in mir drinnen, alles brennt. Und erklären kann ich es keinem. Denn wie soll ich beschreiben, dass alles brennt und ich in Flammen stehe. Es brennt in jeder Ecke und Kurve meiner Gedanken mit riesigen Flammen. Alles wird verwüstet, aber keiner hat das Feuer angemacht. Also auf die Frage "Was ist passiert?" gibt es meist gar keine Antwort. Meine Krankheit ist passiert. Und jeder denkt sich "Die will nur Aufmerksamkeit, schau sie an, die ist doch voll normal.". Klar bin ich normal. Traurig ist ja daran, dass man erst sieht, wie jemand mit dem Leben zu kämpfen hat, wenn er erst daran zerbricht. Trotzdem denkst dir, heute ist meine Krankheit am besten, obwohl sie nie so schlimm je zuvor war. Mir sitzt die Frage am Nacken, wie ich mit der Frage klar kommen kann, wie man mit dem Wissen lebt, nie wieder gesund zu sein. Trotz alldem bin ich so verdammt scheiße stolz auf mich und heute kann ich das sagen, auch mit meiner Depression in meinem Arm und der Angst, die mich von hinten umarmt. Ich bin gut, ich bin schön, ich bin human. Und ich glaube an die Menschlichkeit, vor der ich mich so sehr gefürchtet hab. Ich habe eine Stimme und ich lasse sie nicht mehr untergehen. Ich habe ein Recht und ich lasse es nicht mehr verschwinden.

Danke an all die Menschen, die an meiner Entwicklung teilgenommen haben und mich zwangen weiterzumachen.

Zeynep, ich weiß, du hast mir am Ende viel angetan und keiner weiß es recht. Aber danke für die Zeit, manchmal hatte ich das Gefühl, du warst die große Schwester, die die Hand hinhielt.

Emanuel, wir haben den Kontakt verloren. Aber wie du gesagt hast, es kommt das Vatergefühl heraus, wenn's um mich geht. Ich hab mich bei dir sicher gefühlt. Danke.

Matthias, du warst und bleibst meine große Liebe. Du hast soviel Gutes in mich eingepflanzt, ich konnte dir das nie zurückgeben. Es tut mir leid. Und vielen Dank.

Lena, ich liebe dich nur aus dem Grund schon, weil du so stark bist. Du lässt mich stark sein. Dankeschön.

Patrik, du scheißt auf jeden und alles. Und wenn ich mich mal frage "Ist das zu viel für Instagram?", lautet deine Antwort immer "Die denken eh schon, was sie denken, scheiß drauf!". Danke für deine Unterstützung, danke für das Haus, das du mir anbietest, wenn keiner mir die Tür aufmachen würde.


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