Mittwoch, Dezember 14

i need feminism, because

Ich bin eine Frau, in einen Bh gezwängt, damit meine Brüste nicht hängen. Meine Brustwarzen, oh, die sollte man nicht sehen. Ich bin eine Frau, ich bin ein Schönheitsideal, dem sollte ich zumindest entsprechen. Stehe morgens extra früh auf, um meine Haare in Ordnung zu bringen, nicht zusammenbinden, oh nein, sie sollen mir am besten über die nackte Schulter hängen. Mein Make-Up ist ein Muss, es verdeckt Ecken und Macken, Müdigkeit, Krankheit und schlussendlich auch die Hässlichkeit. Männer regen sich auf, weil ich so viel Zeit vor meinem Kleiderschrank brauche. Das einzige Problem, das ich aber habe ist, was genau als "angemessen" definiert wird. Denn ein kurzer Rock macht mich zu einer Schlampe, aber eine lange Hose im Sommer doch zur Nonne. Und da lässt man leider einen warten, denn ihr wisst schon, ich bin eine Frau und kann nicht selbst Auto fahren.
Ich bin ein Das im Leben. Ich wurde etikettiert und zu einem verbrauchbaren Gegenstand degradiert. Ich bin ein Besitztum eines Mannes, die Babysitterin meiner Kinder und die Putzfrau des Hauses. Wenn ich geschlagen werde: Es tut mir leid, ich war die Unhöfliche. Wenn ich vergewaltigt werde: Ihr habt Recht, ich habe es gewollt.
Im Endeffekt bin ich doch nur eine weitere Bank mit unversperrten Türen in der Nacht, da gehen Räuber halt gerne hinein. Ich bin ein Auto auf einem reservierten Nachbarsparkplatz, ich werde abgeschleppt, weil ich gar nicht hierher gehöre. Ich bin eine glänzende Armbanduhr oder eine verlasse Handtasche auf dem Gehsteig, "Oh hey, das lass ich mal mitgehen!".
Ich habe keine Rechte. Beschäftigungen werden mir zugewiesen und wenn ich außerhalb deren bin, bin ich doch nichts weiter als eine Sklavin. Wenn ich mit der Hand aufzeige, heißt es "Wer bist'n du schon?". Wenn ich beim Ausgehen meinen Freund nicht mitnehme, bin ich frei zur Belästigung. 

Fick dich. Ich bin eine Frau. Ich trage meinen Bh, damit ich mich wohler fühle beim Laufen zur Universität, weil ich den Zug verpasst habe. Ich bin eine Frau, ich bin schön, indem ich nur meine Lächeln aufsetze in einem dicken, fetten Pullover, mit Haare hochgesteckt und einer Pizza in der Hand, sitzend auf dem Sofa. Ich trage Make-Up, damit ich mir selbst gefalle; zwinker mir beim Rausgehen noch im Spiegel zu und sage: Ich würd' dich, du Geile. Und egal was ich trage, eine Joggingshose oder ein enges Kleid, das Stück Stoff auf meiner Haut macht mich nicht zu einer anderen Persönlichkeit. Ich selbst entscheide über die Länge meines Rocks und wieder ich selbst entscheide, ob mein Ausschnitt beim Schlüsselbein oder beim Bauch endet. Ich bin ein Mensch im Leben, in meinem eigenen Besitz. Meine Kinder sagen Mutter zu mir, weil ich mich für sie entschied und mein Haus ist sauber, weil mein Mann beim Putzen mithilft. Ich habe Rechte. Ich kann atmen, tanzen, laufen, arbeiten. Kein Stück anders als ein Mann, nur mit anderen Genitalien.
Wenn ich schreie, dann habe ich es nötig, den Stress loszuwerden. Wenn ich weine, ist es, weil ich Gefühle habe. Wenn ich die Hand hochhebe, besitze ich eine Meinung und sie ist nicht weniger wert als eine andere. Und falls ich beim Ausgehen alleine bin und nein sage, ist das eine klare Anweisung, bei der ich, wie gesagt, auch nein meine.
Wenn ich vergewaltigt werde, habe ich mich dagegen gewehrt, ich habe geweint und geschrien, aber jemand hat es mir mit Gewalt und Kraft angetan. Es war nicht meine Entscheidung. Es war die eines anderen. Ich bin keine verfickte Bank mit unversperrten Türen. Und falls ich sie aufgesperrt habe, dann habe ich nur vertraut und jemand hat genau das missbraucht. Ich bin keine glänzende Armbanduhr oder eine verlockende Tasche am Straßenrand, ich bin heiß angezogen für einen, den ich wählen möchte und nicht gezwungen von einem gewählt werde. Ich bin kein verdammtes Auto auf einem reservierten Nachbarsparkplatz. Manchmal verirre ich mich, ich bin vielleicht dann zu naiv und glaube zu leicht. Aber ich habe ein Recht zu gehen, wenn es mir schlussendlich reicht.
Ich bin ein Mensch und kein benutzbares Zeug. Ich bin eine Frau.

Und ich bin eine Feministin, eine Revolutionärin, ich werde die Welt verändern und zeigen, dass ich auch ein Mensch bin.

Fakten:
Feministen sind nicht Menschen, die Männer hassen.
Feministen sind nicht Frauen, die versuchen ihr eigenes Wohlergehen zu ergattern.
Feministen sind nicht Frauen, die sich nicht rasieren oder nicht schminken, weil sie gegen Ideale kämpfen. (Und falls sie das tun, ist das ihre Entscheidung, also was the fuck geht dich das an?)
Feministen sind nicht nur Frauen.

Feminismus kämpft für die Rechte aller Menschen, unabhängig von dem Geschlecht, der Hautfarbe, der Herkunft, der Sexualität, dem Glauben, der Fähigkeiten, etc.
Feminismus ist kein Orden oder eine Gesellschaftsform, bei dem/der es nur um das eigene Profit geht. Feminismus rettet Leben und versucht jedem eine Chance zu geben.

Wie bei jedem Begriff, der in die Gesellschaft eingeführt wird, wird auch Feminismus oft falsch interpretiert, umgesetzt und mitgeteilt. Es gibt Radikale, die keine Grenzen kennen und der Feminismus eine neue, falsche Bedeutung verleihen. Genauso gibt es welche, die nur den Namen "Feminist" verwenden, um ihn einfach mal ausgesprochen zu haben.

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