Sonntag, Juli 26

Gefälschte Papiere.

Ein Trauertag, ich würde sagen, wie viele andere es waren. Graue Wolken am endlosen Himmel, ich frage mich, wie hoch sie heute fliegen? Anders als früher, möchte ich heute tanzend schreien. Ich möchte meine Lungen herauskotzen, indem ich heute einmal glücklich bin. Die Tänzeleien auf dem Asphaltboden reichen mir nicht aus, ich will das Parkettboden mit befleckten Füßen betatschen. Heute möchte ich glücklich sein. Ich möchte meine Haare frei im Wind tanzen lassen, Socken ausziehen und im Gras rechts und links hüpfen. Lachen, weil es mir danach ist und wenn es sein muss, es ist okay, ich tanze auch zu einem Ö3-Lied. Ich bin bald 18, ich könnte ausziehen, loslegen, aus dem Land fliehen. Ich könnte Alkohol trinken, Drogen nehmen, ein Lesbenbar besuchen, herum experimentieren, mich selbst entdecken. Denn das will ich nicht sein, das gerade jetzt, im Sekundenbruchteil jeglichen Augenblicks, beim Pupen aller Blut und Drücken allerlei Tasten, das sollte ich nicht sein. Ich sollte frei sein. Frei von meinem Leben, um ein besseres zu kreieren. Ich sollte mehr als dieser einer festgelegter Moment werden, ich sollte mehr als ein Ruf in die Dunkelheit und ein Platzen in das Gespräch sein. Vielleicht sollte ich Malerin werden oder Politikerin, vielleicht sollte ich eine feministische Partei mit meiner Weltansicht vertreten. Oder ich sitze einfach hier, am Laptop und schreibe ein Buch, ich werde eine Autorin.

Es ist egal. Wichtig ist, ich sollte etwas werden. Ich sollte die Cagla werden, nicht mehr die Cassi. Ich sollte die Welt sehen, mehr Sonnenaufgänge als -untergänge erleben. Ich sollte laut atmen, nach frischem Luft schnappen. Ich sollte auch alleine da stehen und das Glück finden. Ich sollte lachen und wissen, dass es nicht sein muss, dass ich weine. Dass die Fehler anderer meine Sicht nicht blenden müssen, denn nur ich und das weiß ich, auch wenn ich es nicht zugeben will, nur ich bin für mein Leben zuständig..

Aber wisst ihr; die Motivation sinkt. Ich musste mir von meinem besten Freund anhören, wie ich es nur selbst herrichten kann, auch wenn andere es hinrichten. Ich musste mir anhören, wie die Depression ein Zufluchtsort der Feiglinge sei. Wie ich mich verstecke, weil ich Angst habe. Wie ich Angst habe davor loszugehen, loszuziehen. Und ja, das habe ich. Das habe ich, weil ich das bin. Ich bin die Angsthase, eine knappe Lügnerin, meine Hände zittern, aber oh, meine Augen werden dich ohne Zucken ansehen. An manchen Tagen, da bin ich mehr, so viel mehr als eine Krankheit. An diesen Tagen bin ich das gebrochene Licht auf den Fensterscheiben, kunterbunt grellend; ich bin ein Regentropfen, das auf die feuchten Lippen kracht, ein geschwindelter Kuss löscht mich aber im nächsten Moment schon aus; ich bin ein Lied, im Kopf hängengeblieben, bei jedem Wort, jedem Ton wiederholpflicht; ich bin ein Marienkäfer, den man vom Finger runterpustet und hofft, dass er ankommt, wo er auch immer ankommen will. An manchen Tagen bin ich das alles und so viel mehr, so viel mehr als ein dickes fettes Wort auf die Wand geschrieben. Ich bin ein ganzes Leben. Und dann wieder, auf einmal, plötzlich, es bricht und kracht und schmeißt und krallt; und auf einmal bin ich wieder Nichts. Ich bin nicht einmal das Quietschen der Sandalen oder das Brennen im Halse. Ich bin kein Muchs mehr und kein Laut, kein Schrei und kein Wort. Ich bin nicht mal mehr ein Nichts; verloren, vergessen. Versteht mich nicht falsch, meistens ist es so am Besten. Denn da gibt es auch andere Tage.. Dann wieder bin ich eine Mordwaffe, ich bin das kleine Schrillen der verfälschten Münzen; ich bin ein Kein und Nein und vielleicht auch ein bisschen zu klein. Ich bin Narben, Schmerz und tränenvolle Tage. Ich bin das Salz in der Wunde und ein Schlag auf das Munde.

Doch so war es gar nicht geplant, so wollte ich nicht, dass der Text endet. Das hier hätte es nicht sein sollen; es hätte mehr, viel mehr enthalten sollen als ein Schlussstrich auf gefälschten Papieren.



Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen