Donnerstag, Oktober 2

Du lässt nur ein einziges Mal jemand so tief in Dein Leben.

Heute stand der Mond am Himmel und es war knapp 18 Uhr. Und meine Lippen spalteten sich und ich staunte, wie dieses Teil des Mondes im endlosen bloßen Himmel hing, genau da, wo sich zwei Berge aufspalteten und langsam voneinander trennten. Und ich, ich fühlte mich in diesem Augenblick so alleine, ich stürzte in eine Leere und wurde von deren Wellen erschlagen. Ich ertrank in meiner eigenen Lücke, in der, die du hinterlassen hast. Und sie wird von Tag zu Tag größer und ich weiß nicht, wie sie füllen oder einfach zuerst mal davon abzuhalten, größer zu werden. Aber dieses Loch, dass du hineingebrennt hast, es brennt weiter und ist nicht löschbar. Die Ränder tragen einen rötlichen Stich, erinnert mich an Sonnenuntergänge, wenn alles unter dem Schatten des Rotes über dem Horizont eingedeckt wird. Als wäre dieses Loch aus Papier, ewig verformbar, ich sehe, wie sie sich schwarz verfärbt, je mehr das Rot davon zerfrisst und in Asche übergeht. Und ich glaub auch nicht mehr daran, dass es okay ist. Denn es ist nicht mehr okay, es ist etwas Bleibendes, Sichheftendes, Krankhaftes, wie Zecken, die deine Haut erobern und dein Blut aussaugen. Es ist eine Lücke und sie zerreißt mich.
Bevor ich anfing dir zu schreiben, sah ich aus meinem Fenster, blauer Himmel, wie er die Farbe an die Dunkelheit verliert. Wie die Sonne stirbt, um den Mond atmen zu lassen. Und nun, nun ist sie untergegangen und ein seidenes Tuch der Farbe Schwarz liegt auf dem Lande und umhüllt alles Farbliche. Die Kälte peitscht sich durch die Äste hindurch und lässt Narben zurück, während sie die Blätter rausreißt. Und ich weiß, das Licht macht die Nacht erträglicher, aber sobald sie aus ist, ergreift die Dunkelheit die Flucht und überdeckt nicht nur das Grüne, sondern auch meine Seele. Und ich bleib schlaflos. Das sind die Nächte, in denen das Loch sich am meisten erweitert. Immer mehr Felsenteilchen stürzen hinein und alles was bleibt, sind die stickige Luft und der Staub klebend auf der Haut. Ich fühl mich veraltet, wie eine Glaspuppe in der Ecke des Raumes, auf einem alten Tisch, vergessen. Als wären die Kinder, die früher nicht schlafen konnten, ohne mich in die Arme zu nehmen, als wären die nun erwachsen geworden. Und mich überdeckt nun Staub und stickige Luft hängt an meinen Haaren. Spinnennetze, die durch die Haut gehen. Und du kommst nicht, du kommst nicht retten. Und ich starre auf die Decke, als könnte sie sich ändern, wartend auf ein Zeichen, auf etwas Ungewöhnliches, um mich aus dieser Welt herauszuzerren. Doch, es kommt nichts. Und ich starre weiter auf die Decke und die schwarzen Flecken auf dem Holze vertiefen sich und durchschneiden das Dach. Ich sehe hindurch in die Nacht. Die Dunkelheit meines Zimmers vermischt sich mit dem ewigen Schwarz des Universums. Und Gänsehaut deckt das ganze Fleisch und Blut über. Und ich habe Angst die Hand auf die rechte Seite des Bettes zu bewegen und ich habe Angst, die Hand auf die linke Seite des Bettes zu legen. Denn ich werd dich nicht spüren. Und ich werd dich nicht finden. Doch ich kann mich auch nicht auf die Seite legen, denn sobald meine Augen sich von der Decke lösen würden, würden sie nach dir suchen und das Loch in mir, diese Lücke würde explodieren, jeden Platz in meinem Körper einnehmen. Ich würde in das Nichts verfallen und als Nichts würde auch ich enden. Also nehm ich meinen Blick nicht von der Decke, vielleicht schlägt das Herz da und dort mal schneller, weil ich an dich denke, und vielleicht kann ich dann fühlen, wie sich die Lücke vergrößert, aber sie nimmt nicht meinen ganzen Körper ein. Und ich bin noch lebensfähig.
Doch jedes Mal, wenn ich Musik höre und es kommt ein Lied über eine zerschmetterte Liebe, mir stockt der Atem, bis ich mich ganz in dem Meer voller Schmerzen verliere. Und da und dort fallen die Tränen. Da und dort blute ich mal. Da und dort tuts mir zu sehr weh und da und dort wird die Lücke größer. Aber noch lässt sie nicht den ganzen Körper in sich hineinstürzen, noch bin ich lebensfähig.
Und wenn ich ein Kleidungsstück herausnehme, das auf deinem oder unter deinem Pullover gelegen ist. Dann halte ich mit ihm in der Hand inne und lege das Gesicht hinein, ohne den Gedanken zu bekommen, diesen Duft von meiner Nase trennen zu müssen. Und dein Parfum geht unter meine Haut, trennt das Fleisch vom Blut. Und zerfetzt jeden Faser, den ich besitze und ich spüre den Schmerz i jedem Faser in jeder Zelle und in jedem Allel. Aber ich beiße auf die Lippe, da und dort mal tropft Blut. Aber es lässt mich den Schmerz in jedem Faser vergessen und ich denke, das ist okay.
Wenn mal meine Rippen weh tun, dann fühlt sichs an, als würden sie in Sekunden meine Organe zerstören und ich müsste ausbluten. Aber dann seh ich irgendwo irgendetwas von irgendeiner Zeit mit dir und das Erdbeben, wie sich die Lücke erweitert, das alles tut so viel mehr weh wie meine Rippen. Und der Schmerz, den dieses Beben auslöst, kriecht in jedem Knochen und es fühlt sich an, als würden sie nacheinander brechen. Aber ich denke, es ist okay, manchmal muss man den Schmerz spüren, um zu wissen, dass man hier ist, hier im Leben, am Leben.
Und jedes Mal, als ich schrieb, dass es okay sei, hab ich gelogen. Denn seit du weg bist, kenn ich nichts mehr, was irgendwie irgendwo irgendwann einmal okay ist. Ich bin am Zerbrechen, fühl mich wie eine Porzellanvase, die man immer wieder auf den Boden fallen lässt. Ich spüre, wie mich etwas loslässt, über den endlosen Abgrund, wie Vertrauen zerbricht, indem es loslässt und die Luft streichelt härter meine Haut und das Herz würde am liebsten rausspringen und die Pulsadern aufplatzen. Und es ist, als würde die Zeit stehen bleiben, zumindest langsamer werden. Doch bei dem Zusammenprall zerbreche ich, als würde ich tausende Male im gleichen Augenblick losgelassen werden und im gleichen Augenblick zu Brüche gehen.
Und ich, ich habe verlernt zu lächeln und nichts auf der Welt könnte dieses Lächeln wieder aufbauen. Und ich weiß, du, du wirst nie kommen.
Und ich, ich bin verzweifelt und doch, doch liebe ich dich.


Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen