Sonntag, Februar 2

Lässt mich doch los. Irgendwo untergehen. Irgendwo alleine sterben.

Fangen wir mal damit an, dass ich nicht gut genug bin. Ja, schon wieder. Und machen wir damit weiter, dass es mir leid tut. Ja, wie immer. Und es tut mir auch verdammt leid.
Ich kann mich noch erinnern, irgendwann in der Volksschule. Ich kam zu spät nach Hause, du hast mich deswegen geschlagen. Ist ok, ich weiß du hattest Angst um mich, Mama. Es tut mir leid.
Ich kann mich noch erinnern, irgendwann in der Volksschule. Ich sagte der Frau, die mich und meinen Bruder geschlagen hat, als sie Babysitterin war, meine Meinung, du hast mich geschlagen. Ist ok, du wolltest mir zeigen, wie man log, Mama. Es tut mir leid.
Ich kann mich noch erinnern, es war in der Volksschule. Keine Ahnung, was ich tat, du hast mich geschlagen. Ist ok, du nahmst nur sie als Vorbild, Bruder. Es tut mir leid.
Ich kann mich noch erinnern, irgendwann in der Hauptschule. Ich haute die Tür zu fest, du hast mich geschlagen. Ist ok, du wolltest mir Anstand beibringen, Mama. Es tut mir leid.
Ich kann mich noch erinnern, irgendwann in der Hauptschule. Ich sagte zum ersten Mal, dass ich dich hasste, du hast mich geschlagen. Ist ok, du wolltest, dass ich dich liebte, Mama. Es tut mir leid.
Ich kann mich noch erinnern,
irgendwann in der Hauptschule. Ich lief von dir weg, weil du mich schlagen wolltest, du hast mich geschlagen. Ist ok, du wolltest mir zeigen, dass die Freiheit schmerzvoll ist, Mama. Es tut mir leid.
Ich kann mich noch erinnern, irgendwann in der Hauptschule. Ich sagte, dass ich es nicht ok finde, dass du mich so niedermachst, du hast mich geschlagen. Ist ok, du wolltest mir nur zeigen, dass ich keine eigene Meinung haben dürfte, Vater. Es tut mir leid.
Ich kann mich noch erinnern, irgendwann in der Hauptschule. Ich saß stundenlang glücklich am Inn und ich kam zu spät, du hast mich geschlagen. Ist ok, hast mir gezeigt, dass glücklich sein verboten ist, Vater. Es tut mir leid.
Ich kann mich noch erinnern, irgendwann nach der Hauptschule. Wasser schlug gegen meine Oberschenkel, du hast für immer mein Leben verändert. Ist ok, du wolltest mich beschützen, Vater. Es tut mir leid.
Ich kann mich noch erinnern, irgendwann im Gymnasium. Ich sagte, ich sei kein Unnütz, du hast mich geschlagen. Ist ok, du wolltest mir das Richtige zeigen, Mama. Es tut mir leid.
Ich kann mich erinnern, denn es war gestern. Ihr habt das letzte Stück Schönheit in mir zerstört. Die letzten paar Käfige zugesperrt. Ist ok, ihr zeigt mir, die einzige Lösung ist es zu sterben. Es tut mir leid. 

Und jetzt, lässt mich los. Irgendwo untergehen. Irgendwo alleine sterben.






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