Sonntag, Januar 19

Probleme, für leben zu groß, für sterben perfekt.

Der erste Schritt aus der Depression rauszukommen, ist es, Ziele zu setzen. Daraus folgt: Ich werde in der Depression stecken bleiben, bis ich sterbe. Warum ich mir keine Ziele setze? Oh, noch nie war eine Frage derartig leicht zu beantworten.

Weil ich Angst vor der Zukuft habe. Nur wenn ich daran denke, zittere ich. Ich habe Angst davor, dort Pläne zu skizzieren, die endlos im Nichts enden. In diesen Grautönen, der Verschwommenheit scheint nichts mehr Sinn zu machen. Das zerrissene Blatt Papier mit den Texten über die Träume einer 10jährigen.

Ich weiß nicht genau, in welchem Punkt ich meine Kindheit verloren habe. Wenn ich zurückblicke kommt es mir so plötzlich vor, doch ich weiß, es hatte damals seine Zeit. Kein Datum, kein 30.10.2011, sondern ein Zeitintervall, das sich über meine kleine Welt ausbreitete. Warum weine ich jetzt? Warum bricht mir das Herz am meisten, wenn ich mein kleines Kopf zwischen meinen Händen vorstelle, mit diesem Lächeln, das meine Mama hasste. Ich erinnere mich, wie sie mich dazu brachte, eine Hand vor dem Mund zu halten, wenn ich lächelte, weil mein Lächeln so hässlich war. Ich erinnere mich auch, wie sie mich zu einer Untergewichtigen machte, weil ich so fett war.

Ich weiß noch die blauen Flecken an den schwachen Armen, manchmal sogar im Gesicht. Die braunen Augen, sie flüsterten, Außer Liebe will ich doch nichts.

Die Erinnerungen lassen mich im Moment in Tränen ausbrechen. Am liebsten würde ich aufhören zu schreiben und mich noch einmal ritzen.

Keine Ahnung, worüber der Text hier sein sollte. Ich verstehe es selbst nicht. Und die Absätze, die verlieren langsam an Bedeutung. Die Gliederung macht keinen Sinn mehr und die Wörter verlieren an ihrer Glänze.

Mit ihrem Ehrgeiz füllte sie ihr Deutschheft, benutzte kunterbunte Farben, lächelte als eine Seite zu Ende ging, weil sie es so schön gestaltet hatte. Nun füllt sie ihre Deutschmappe, mit klunterbunte Farben, gesteuert mit den Träumen des Vaters, aufgezogen mit dessen Plänen.

Ihr wurde gesagt, sie soll Medizin studieren, sie nickte damals hektisch, weil es das einzige war, was sie stolz machen würde. Zum ersten Mal würde sie ihre Augen glänzen sehe. Stolz würde sie zum ersten Mal da drinnen erkennen. Lächeln würde sie. Lächeln wie eine Prinzessin, mit dem Reichtum einer Milliarderin. So dachte sie zumindest, als sie noch 12 war.

Nun erzählt man Bekannten von dem großen Traum des Vaters, die Tochter wird Medizin studieren. Ich sitze jetzt ihn der Ecke, lächle ihnen zu, wenn ich sie innerlich auslache.

Die Zukunft, die würde eigentlich ganz anders aussehen. Mit 16 tot. Verschämtheit in ihren Gesichtern. Nicht mehr lachen werden sie, nur noch Träume, die wie meine nun, endlos im Nichts enden.

So jung, so verletzt.

Doch keiner wird ihren Tod verstehen.

Wie oft habe ich mir vorgenommen, ihnen zu sagen, was ich will, was ich mit meinem Leben plane? Und wie oft sind die Sätze in meinem Hals stecken geblieben, bis sie dort zu Nichts wurden und im Nichts landeten?

Feigheit sehe ich nun im Spiegel. Feig dazu, richtig zu leben. Feig dazu, richtig zu sterben. Feig dazu, zu träumen. Feig dazu, Ziele zu setzen. Feig dazu, aus diesem Käfig rauszukommen. Und feig dazu, aufzuhören gegen dem Käfig zu treten. Einfach feig dazu, zu akzeptieren und dann, dann zu gehen.

-- Das war mal so eine Art Zusammenfassung, was gerade abgeht. Oder wie ich es halt nennen sollte. Ich werde aber wieder anfangen häufiger zu schreiben. Bis nächstes Mal. --

Ah, und was ich noch erwähnen sollte.. Meine Psychologin zieht weg. Also sie hat eine andere Stelle jetzt, kilometerweit entfernt von mir. Ich werd sie nie wieder sehen. Ich werd nie wieder zu irgendeinem reden können. Ich bin traurig darüber. Ich fühl mich nochmals alleine gelassen, von der ganzen Welt.

Und meine Liebe, die große, wunderschöne Liebe, die zerfällt auch schon. Und ich bin schuld an allem. Seine Versuche, alles aufrichtig zu halten und mein Monster, das immer wieder gegen ihm tretet, und dann noch wir. Die zwei Menschen, die zu Grunde gehen. Ich komm mir schlecht vor, wenn ich meine Last auf seine Schulter lagere. Wenn ich mein Herz voller Schwärze in seine Welt eröffne. Und dann, dann alles so grau wird. Wenn ich sein Leben in das Negative verändere. Ich hasse es. Ich hasse mich. Als hätte ich je was anderes gefühlt, hah.

Einbildug, hinter jeder Ecke der versteckten Liebe. Die winzigen Prisen des Glücks, fielen mir schon von Anfang an wie winzige Sandsteine durch die Finger. Die Wärme der Sonne war verfälscht, ich glaubte es zu spüren, nur weil ich die Sonne hinter der Glaswand zu sehen bekam. Ich dachte, ich könnte was Gutes fühlen, nur weil hinter den Glasmauern das Leben in Farbe verging. Pastellfarben, von denen ich nicht einmal die Namen weiß. Ich fühlte mich so nah dran, an der Ewigkeit. Als könnte ich die Wolken in meinen Händen spüren, flauschig hätte ich sie jetzt definiert. Es war nur der Traum mit offenen Augen, da draußen zu sein. Glücklich zu sein.

Hier bin ich wieder. Das Monster in mir, wir sitzen beide gegen Wände geleht. Blut an meinen Fingern, Klingen an meinen Seiten. Die Wahrheit endlich erkannt: Das Monster war nie ein Teil von meinen Depressionen, nie ein Teil von dem Schlechten. Das Monster war ich, ich war all das Schlechte.

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