Samstag, Oktober 12

Feigling.

Deine Eltern haben dich doch sowieso nie gemocht.

Das war wie ein Schlag in die Fresse, nur halt ins Herz. Und egal wie sehr ich sie niedermachte, egal wie ignorant ich handelte, es traf mich zu hart, härter als je zuvor. Egal was ich sagte, sie hatte Recht. Und genau das war ein Problem. Diese niveaulose Schlampe hatte Recht und egal wie sehr ich dagegen kämpfte, konnte ich es nicht nach hinten drängeln, ich konnte es nicht loswerden. Sie hatte Recht, und der Punkt, wo sie Recht hatte; dieser Punkt zerfraß mich innerlich.

Nach zwei Stunden stand ich draußen, die Kälte schlug mir ins Gesicht. Eher gesagt berührte sie mein Gesicht ein bisschen härter, dennoch fühlte ich eine Art Zärtlichkeit darin. Der Wind nahm meine Haare mit, ein Haufen von Strähnen sperrten mir den Blick. Gut so, ich fühlte mich versteckt vor der Welt. Die weiße Farbe vom Schnee erhellte den Tag auf eine außergewöhnliche Weise und ein paar Flocken zerschmolzen auf meinen Lippen. Die Beine zitterten schon seit 20 Minuten, als ich herzukommen versuchte. Dieser Platz war friedlich. Der Fluss nahm meine Gedanken mit in die Ferne und genau das löste etwas Friedliches in mir. Zumindest so viel friedliches, was halt bei mir möglich war. Und dennoch wurden mir an diesem Platz so vieles klarer. Die Knöpfe, die meine Gedanken miteinander verbindeten, lösten sich langsam. Und alles wurde klarer, alles wurde verständlicher. Da kam die erste Träne schon. Sie rutschte bis zum Kinn hinunter und fiel ab. Ich bildete mir sogar ein, wie sie auf den Boden schlug. Ein dumpfer Schlag gefolgt von weiteren Schlägen. Ich konnte nicht aufhören, ich konnte mich nicht bewegen. Ich wollte sterben. Dennoch war ich ein Feigling.

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