Schlafen und aufwachen.

Ich schließe die Augen. Mein Herz pocht laut in den Ohren. Meine Finger zittern, ich falle auf den Boden. Es ist nicht, als würde ich es nicht packen, aber so läuft es doch in den Filmen ab, nicht? Man schluckt die verschiedene Tabletten und lässt sich fallen. Ich liege da, die Augen geschlossen. Waren die Tabletten genug? Ich hole tief Luft. Ich hätte was schreiben sollen. Etwas an meine Mama vielleicht oder an meine Freunde. Ich hätte etwas zurücklassen sollen, etwas, was sie trifft; etwas, was sie weinen lässt; etwas, was sie innerlich streben lässt. Oder vielleicht lässt sie das sterben, genau dieser Punkt, dass ich ihnen gar nichts geschrieben habe. Mein Herz schlägt wild gegen meine Brust. Ich fühle mich lächerlich. Ich würde nicht sterben. Ich würde nur schlafen und aufwachen. Keiner wird es in dieser Zeit bemerken. Ich würde schlafen und aufwachen. Schlafen und aufwachen. Schlafen und aufwachen. Schlafen .. und ... aufwachen. Schla .. fen und auf .. wach .. en.


Ich schlage die Augen auf und stütze mich augenblicklich auf die Ellenbogen. Ein kurzer Blick macht mir klar, dass ich in meinem Zimmer bin und da wird es mir schon schwarz vor den Augen und ich lasse mich wieder in das Bett fallen. Ich habe das Gefühl ich muss kotzen, also zwinge ich mich aus dem Bett und renne ich auf die Toilette. Mir ist schwindelig, abnormal schwindelig, dennoch erreiche ich sie. Die Mama rennt mir nach und steht nur vor der Tür. Ich übergebe mich, Tränen schießen mir in die Augen, mir tut alles weh. Als ich mich aufrichten will, hilft sie mir, ich wasche mir das Gesicht ab und sie stützt mich bis zu meinem Zimmer. Nun liege ich wieder in meinem Bett, immernoch das Gefühl kotzen zu müssen. Die Mama bringt mir ein Kübel und legt ihn neben meinem Bett auf den Boden. Sie schaut nach, ob ich Fieber habe. "Was ist passiert?" In ihrer Stimme schwingt Wut und Sorge mit. "Ich glaube, ich werde krank." Meine Stimme überrascht mich, wie mutig und unverletztlich sie klang. "Du bist auf dem Boden gelegen, als ich hinein gekommen bin!" "Ja, ist ja nicht das erste Mal, oder? Mein Blutdruck spinnt wiedermal. Ist ja nichts außergewöhnliches." "Du schläfst seit fast drei Stunden, seit ich dich gefunden habe." Es war 14 Uhr 30. Sie musste ca. um 16 Uhr von der Arbeit gekommen sein. "Ich war wahrscheinlich müde. Ich bin ab und zu aufgewacht, aber bin wieder eingeschlafen." Sie wusste es. Sie wusste alles. Dass ich mich ritze. Dass ich jetzt gerade versucht habe, mir das Leben weg zu nehmen. Aber sie war zu feige, mich darauf anzusprechen. Sie konnte mich einschätzen, mein Wut und Hass konnte sie einschätzen. Nur dass es mehr über das war, als sie es einschätzen konnte. Sie sah mich lange an. Wäre sie nicht so hart, hätte sie jetzt geweint. Ich kannte sie. Würde sie nicht die Unverletzliche spielen, hätte sie geweint und losgeschrien. Sie würde es keinem erzählen. Das, was da war, würde da bleiben. Ich lachte innerlich. Ich hasste mich. Ich war am Ende. Würde ich es jemals wieder versuchen? Nicht auf diese Art und Weise. Ich lebe nicht gerne. Aber versuchen sich umzubringen und es nicht schaffen, das ist nicht mein Ding. Ich wusste, was nächstes Mal zu tun war, wenn es ein nächstes Mal geben würde.

Nur wegen einem Menschen. Ich war bereit, alles aufzugeben. Ich gehe kaputt, jedes Mal, wenn ich seinen Namen höre. Ich sterbe. Es regt mich auf. Ich hasse mich noch mehr. Nur wegen ihm. Wenn ich wüsste, er würde Schuldgefühle haben, würde ich ihm schreiben. Nur, ich bin ihm scheißegal. Ich glaube, ich war noch nie in meinem Leben einem so egal, wie ihm. Nichts hat es geschafft. Gar nichts hat mich dazu gebracht, mich umzubringen. Und jetzt kommt ein Junge in meinem Leben und ist der Grund, warum ich es tue. Sinnlos. So verdammt sinnlos. Nächstes Mal wird er nicht der Grund dafür sein. Nie wieder. Nie wieder.