Freitag, April 19

Mein Traum.

Als ich jünger war, hatte ich einen Traum. Mein Traum war da zu sein. Ich weiß, ihr versteht das jetzt kaum, aber ich bin eben gerade dabei, meinen Traum zu erklären..
Ich wollte da sein. Jeder sollte wissen, dass es mich gibt. Sie sollten mich wahrnehmen, ohne dass ich was sagen würde. Sie sollten meine Gegenwart augenblicklich spüren, wenn ich durch die Tür hineintreten würde.
Ich wollte da sein. Keiner sollte mich übersehen. Keiner sollte an mir vorbeigehen, ohne mein Gesicht zu betrachten.
Ich wollte da sein. Überall mitmachen. Mitlachen. Auch mitsaufen und Mitrauchen, wenn es sein müsste. Auch mitweinen. Von mir aus alles tun, aber ein Teil der Gesellschaft sein.
Ich wollte da sein. Nicht nur mit dem Körper, sondern auch mit meinen Gedanken. Ich wollte mitteilen, was ich denke und wie ich Sachen sehe.
Ich wollte da sein, ein Teil von euch sein.

Ich wollte da sein und mit 12 Jahren fing ich an dafür alles zu geben. Um da zu sein musste man schön werden, also wurde ich so schön, wie ich es mit diesem Körper konnte. Hauchdünn sollte man werden. Aus 57 Kilos wurden 42. Schminke sollte man tragen und da war ich nie so gut. Wimpertusche war noch okay, aber ich hasste weiteres, also klappte es damit nicht ganz. Aber eines Tages stand ich vor dieser Frau, sie sah mich an und schüttelte ihren Kopf. Du hast dich so verändert. Du bist sehr hübsch eigentlich, aber du schaust aus wie ein Skelett. Ich lächelte. Ich war stolz. Ich war irgendwie schön. Irgendwie war ich da. Eifersucht. Ich war paranoid und dachte, dieses Ding in ihren Augen wäre Eifersucht. Obwohl das nichts außer Mitleid war. Ich dachte ich wäre da.

Ich habe mich verändert, um ein Teil von euch zu sein. Mein Traum war ähnlich, aber ich habe nicht vorgehabt, ihn so umzusetzen. In meinem Traum gab es Licht. Mein Traum war kunterbunt und die Wärme davon konnte einen verrückt machen. Mit der Sonne im Gesicht hatte ich vor weiter zu machen. Probieren. Und nie aufgeben. In meinem Traum gab es 3 Möglichkeiten: Aufgeben. Nachgeben. Oder alles geben. Ich gab alles, aber auf die falsche Art und Weise.

In meinem Traum konnte man vor Glück zerspringen. Man konnte lachen, bis man Bauchweh bekam. Überall herschte Liebe. Mein Traum war so echt und der Himmel so greifbar nah. Die Sonne schien ins Gesicht und bunte Blüten kamen auf den Bäumen vor. Der Wind blies Stränchen ins Gesicht und sie blieben auf den nassen Lippen kleben. Ein fantasievolles Land, ein Traum, aber dennoch so real. Ich dachte mir manchmal sogar, ich kann den Duft von den Bäumen riechen und den Wind dabei erwischen, wie er meine Haut küsst. In meinem Traum gab es die eine Sache, die Sache mit dem "leben", mit dem "Dasein".

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Bin ich nun da? Bin ich angekommen? Wollte ich das?
Du bist da! Du bist schon lange angekommen. Nur noch ein Schritt, nur noch ein Schnitt und ich lass dich leben, ich lass dich DA SEIN!

Ich klettere hinauf. Kalt die Brücke. Schaue runter. Habe Angst. Halte den Atem. Ein Schritt und ich werde frei.

Der Schritt.

Wind schlagt mir ins Gesicht. Zart. Zärtlicher als je zuvor.
Geruch von Blüten. Die Sonne scheint.
Vögel zwitschern. Sie singen ein Lied für mich. Abschiedslied.
Mein Gesicht nach oben. Die Hände weit gestreckt. Der Himmel greifbar. Die Wolken in meinen Händen.
Ich lächle. Ich lebe. Ich bin da.

Leere.

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