Montag, Januar 28

Tagebuch einer Ritzerin, Tag 3

ich saß da, den Rücken gegen die Tür gelehnt. der Boden war kalt, doch in diesem Moment hat es mich kein bisschen gestört. ich saß da, unter Tränen, ich war leise, ich schlug mein Kopf gegen die Tür, weil ich mich davon nicht abhalten konnte, um mich herum zu schlagen. ehrlich gesagt, es tat weh. ich zitterte, ich hasste meine Haut, ich fühlte mich krank darin. ich zitterte immer mehr, als würde ich einen Anfall bekommen. am Anfang war es gar nicht so schlimm. doch, dann tat ich es wieder. ich schnitt mir die Gelenke auf, und dieses Mal fester, tiefer, länger. das ganze Blut, das herausquoll, machte mir dieses Mal wirklich Angst. und ich konnte nicht, ich saß da und weinte, ich erstickte unter meinen Tränen. ich konnte nicht aufhören. ich saß einfach da, den Blick auf die Uhr gerichtet. ich saß da, bis der Minutenzeiger sich von 5 zur 45 vorbewegte. und ich saß immer noch da, blutüberströmt. ich hasste meine Hände. ich hasste meine Arme. ich hasste das Blut. mein Kopf tat mir weh, als würde er gleich zerplatzen, als würde er gleich explodieren, doch wen intressierte es? und dennoch saß ich da. und zum ersten Mal in meinem ganzen Leben bekam ich das Gefühl, als würde ich mich
v e r l i e r e n.
als wäre ich geisteskrank, denn ich saß nur da, blutüberströmt, schaute zu, wie der Minutenzeiger sich langsam bewegte, weinte und dachte an nichts. an rein gar nichts. ich war leer. ich war wirklich leer.
zum ersten Mal hatte ich keine Angst zu sterben. ich könnte wirklich gehen, ohne wieder zurück zu kommen. dieses Mal war mir jeder egal. dieses Mal machte ich mir keine Hoffnungen. und der verdammte Minutenzeiger bewegte sich immer noch. tickte weiter. und ich war so leer, als könnte ich nichts fühlen. mir war alles so egal, als würde nichts mir gehören, als hätte ich nie mit irgendetwas zu tun gehabt. als hätte es diese Welt für mich noch nie gegeben.
denn ich saß nur da, den Blick auf die Uhr gerichtet, und wartete auf einen Stoß, auf einen Ruck, auf diesen 'VERDAMMT NOCHMAL! BEWEG DEIN ARSCH UND STEH AUF!', auf einen Satz, der mich wieder zum Leben holte, der mich wieder erwachen ließ, der mich davon abhielt, wirklich durch zu drehen. doch wie lang ich auch darauf wartete, es passierte nichts.
und ich gab mir einen winzigen Ruck selber, stand auf, ging in die Küche, ich hatte vor das Geschirr abzuwaschen, damit die Mama weniger zur Aufregung hatte. und ich stand wieder da, spülte sie ab und dachte an gar nichts. langsam kamen mir die Tränen schon wieder und ich schlug mein Kopf gegen dem Schrank. ich ließ den Teller in meiner Hand fallen. ich hasste mich schon wieder. ich hasste mich, weil ich mich nicht ändern konnte. ich wusste, dass ich nie wieder die Gleiche sein würde. kurz davor hätte ich mich fast verloren, ich wäre durchgedreht, ich wäre verrückt geworden.

ich mache mir Angst. ich mache mir so Angst. ich habe Angst davor, mich umzubringen. ich fühle mich so kalt und so leer. ich habe Angst davor wirklich zu gehen oder durchzudrehen. ich will keine Geisteskranke werden.

ich brauche Hilfe. sofort. rettet mich aus dieser Welt. aus meiner Welt. holt mich da raus. bitte.

6 Kommentare:

  1. du lasst dir nit helfen. und das is der entscheidende punkt, die wendung, ins Guti

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    1. ich will meine geschichte nicht erzählen, denn ich weiß, wenn sie es wissen, dann können sie mich wirklich verletzten. das hat einer getan, noch einmal kann ich es nicht.

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  2. ich kenne jemanden, der dir in dieser zeit beistehen könnte. du müsstest nur den mut haben noch einmal die kraft aufzubringen dieser person zu vertrauen. die person ist eine der vertrauenswürdigsten die ich kenne und sie behält wirklich jedes geheimnis das nicht weitererzählt werden sollte für sich. diese person würde sogar in deiner nähe wohnen und ich glaube dir wird schon noch einfallen wen ich meine... (a.t.)

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