Montag, März 10

Nichts war ich mehr, nichts hätte ich je wieder sein können.

Ich denke eigentlich oft darüber nach, was ich dir erzählen hätte können, was mir aber nie eingefallen ist. Bei deinem Anblick ist es auch schwer sich an etwas zu erinnern, da gibts nur dich und alles herum ist so verschwommen, ich könnte meinen, wir sind auf der ganzen Welt alleine. Als hätte es die 7,2 Milliarden Menschen nie gegeben. Und da ich dich nie wieder sehen werde und nie wieder Kontakt mit dir aufbauen werde, will ich meine Seite bis Sonntag einfach mit dir schmücken, jeden Tag ein neuer Text, nur für dich alleine.

Ich habe dir zum Beispiel nie erzählt, dass ich von meinem Nachbarshund (der mittlerweile schon längst tot ist) gebissen wurde. Das Komische daran war, dass er noch nie einen vor mir gebissen hatte, aber als ich mit ihm kuscheln wollte, biss er mich an meinem rechten Unterschenkel. War nichts Wichtiges, hab nicht einmal leichte Narben davon, wahrscheinlich hatte ich ihn zu fest gedrückt.

Ich habe dir auch nie erzählt, dass ich Sonnenallergie habe. Was auch der Grund ist, warum ich nie braun werde, werde eher rot, so geschwollen rot im Sommer. Aber das hat abgenommen, wahrscheinlich verschwindet es irgendwann.

Ich hab dir auch nie von meiner Puppe erzählt. Sie hatte blonde Haare und ich ließ meine Mama immer ihre Haare zöpfen. Ich saß stundenlang vor der Waschmaschine, wenn sie gewaschen wurde. Einmal sogar, da war das mit meinem Krüppelfinger (hab ich dir das erzählt?), habe ich nicht geweint, weil ein Teil von meinem Finger weggeschnitten wurde, sondern weil man mir meine Puppe nicht gab. Meine Mama wollte halt nicht, dass sie blutig wurde. Ich kann mich nicht mehr erinnern, wie ich sie genannt habe, aber ich weiß, dass sie ein Dirndl angehabt hat und es war grün. Auf ihrer weißen Schürze hatte sie Blumen oben und ihr Hut trug die gleichen Blumen.

Hab dir auch noch nie von meiner allerersten, besten Freundin erzählt. Von Laura. Und dann Nicole, sie war acht Jahre lang meine Allerbeste und dann Ruth.

Hab dir nie von meinem ersten Tag erzählt, als ich Alkohol getrunken habe.

Oder von meinem Lieblingswandertag.

Ich habe auch noch nie richtig von diesem einen Tag erzählt. Obwohl ich das so gerne getan hätte, weil du eh schon wusstest, was mir passiert ist. Aber ich hätte am liebsten mich in deine Brust vergraben und vor mir hingemurmelt. Einfach mal losgeworden und gleichzeitig gewusst, dass ich sicher bin. Ich glaube wirklich, du fehlst.

Ich hab dir vieles nicht erzählt. Die Bedeutung der Sonne für mich. Oder meine Angst vor dem Tauchen. Ich habe dir nie erzählt, dass ich eine Vorliebe für das Laufen habe, obwohl mein Herz zu schwach dafür ist. Meine Magersucht mit 14 habe ich nie angesprochen oder die Kinotage mit meinem Bruder. Oh mein Bruder, ich habe ihn fast gar nie erwähnt. Das erste Mal ritzen oder das erste Mal schreiben, noch nie war das ein Thema.

Ich hab nie darüber geredet, warum ich meine Finger nie schwarz lackiere oder was die Farbe Schwarz in meinem Leben für eine Rolle gehabt hat.

Eigentlich hast du so wenig von meinem Leben mitgenommen, du weißt so wenig über mich. Und doch fühlt sich alles so leer an ohne dich.

Und am wenigsten habe ich dir über dich erzählt, was du für mich bist. Klar habe ich die längsten Texte über dich geschrieben und dich in der Früh aufgeweckt mit Gefühlszuständen die zu Wörter wurden, dennoch hab ich dir nie sagen können, was du warst. Und jetzt, jetzt behalte ich es für mich. Keiner soll wissen, nicht einmal du sollst wissen, was du warst, wie viel du warst.

Und du schreibst; Du erwartest von mir, dass ich mitfühle, Tränen in den Augen habe, nicht mehr schlafen kann, nur noch weine und schreie, weil du mich verlassen und dich umbringen willst. Soll ich dir was erzählen? Das hab ich auch gemacht. Aber das ist aus. Wenn ich den ganzen Schmerz den du fühlst, auch fühlen würde, dann geh ich daran zu Grunde. Ich bin jetzt einfach in einem Zustand, wo ich eine Mauer um mich baue.(...)Und das heißt nicht, dass ich dich nicht liebe. Das heißt nicht, dass ich mir keine Sorgen mache.(...)

Weißt du, zwischen all diesen Bitte.'s und Hör auf.'s habe ich geweint. Und ich habe so viel geweint, du hättest da drinnen schwimmen gehen können. Und ich hätte leicht ertrinken können. Ich glaube das letzte Mal, als es so weh tat, war es da, als du mir erklärt hast, dass du dir selbst wichtiger bist, als ich. Dass du einfach vor mir kommst. Und obwohl es richtig so war, obwohl es passte und auch so sein sollte, hatte ich die ganze Nacht geweint. Und auch dieses Mal, obwohl ich Nein. sagen wollte, obwohl ich dich anschreien wollte, blieb ich stumm, weil das alles stimmte. Und ich hatte noch nie so lange geweint in meinem Leben.

Und ich zerstückelte einfach, alles brach ab und prallte auf den Boden. Nichts war ich mehr, nichts hätte ich je wieder sein können. Da stand einfach die Wahrheit, so nackt und blank. Alleine und doch begleitet von all diesen Gefühlen. Und ich starb. Noch nie war etwas so schwer zu verkraften, kein Tag, kein einziger. Noch nie war mir so klar, dass ich es vermasselt hatte. Dass ich wieder die war, die alles zum Sturz brachte.

Weißt du, gestern habe ich all diese Mails durchgelesen. Alle. Das waren Hunderte. Und irgendwo brach ich noch mehr ab, weil ich darauf kam, dass ich diesen Grund verloren hatte, wofür du mich geliebt hast. Du bist so reif, das ist unglaublich. Du denkst. Das zählt so viel. Und ich hatte alles verloren, was reif war. All diese Stellungen, all diese Sachen, entweder waren sie immer schon vorgespielt oder ich habe sie wirklich verloren. Und denken, all die Gendaken waren Sklaven von der Depression, nichts dachte ich, kein Gedanke war von mir.

Diese Nacht, als du mir gesagt hast, du bist dir wichtiger, ich sagte; Ich bin einfach zu müde um reif zu handeln. Eigentlich wollte ich sagen; Ich bin einfach zu müde, um dieses Mädchen zu spielen, das du liebst.

Und ja, ich komme immer wieder zurück zu diesem Tag. Obwohl das richtig ist, wie es ist. Es ist nur traurig, dass ich weder eine Familie, noch mich habe, die mir wichtiger sein könnten. Ich habe nur dich. Deinen Namen. Und du bist einfach wieder gekommen und mir die Wahrheit so hart ins Gesicht geknallt, für einen Moment wusste ich echt nicht, ob ich noch lebensfähig war. Das Herz setzte einfach aus, als hätte es keine Ahnung mehr, wie es funktionierte zu schlagen. Ich hätte schwören können, dass sich die Zeit anhielt und weder ein Herz noch eine Träne die Kraft fand ihre Funktion zu einsetzen.

Und ich sag dir, das war dieser Moment, indem die Welt das allerletzte Mal in sich hineinstürzte.

Will gerne fragen, was du aus mir gemacht hast. Aber davor müsste ich mich fragen, was ich aus dir gemacht habe.

Und du hast Recht, ich habe einfach alles auf dich geschoben. Und verdammt nochmal, wie weh es auch immer tut, du hast Recht, wollte sehen, wie du mitleidest, ohne es zu merken. Es war nicht, weil ich dir weh tun wollte. Himmel, könnte ich dir überhaupt weh tun? Wäre ich überhaupt dazu fähig, dir weh zu tun? Ich hätte für dich sterben können, nur damit es dir gut ging. Ich hätte für dich alles aufgeben können, nur damit es dir gut ging. Ich wollte einfach nur teilen. Wollte nur einen, der mich verstand. Wollte einen, der sich Sorgen machte, weil er wusste, wie sehr es weh tat.

Stattdessen erschuf ich aus dir einen Menschen, der eiskalt mir gegenüber stand und sagte, dass ich mein ganzes Elend und den ganzen Schmerz auf meiner Seite lassen sollte. Denn er hatte es satt.

Und obwohl ich nie wollte, dass es bei dir ankam, dieser Schmerz, ich konnte dir nie das glückliche Mädchen vorspielen. Es tat weh dich anzulügen, obwohl es mir klar war, dass du mich deswegen verlassen würdest. Du sagtest, ich konnte dir erzählen. Ich erzählte, weil ich teilen wollte, damit es leichter wurde. Ich gebe zu, war egoistisch, dachte nie daran, dass du unter der Last zerbrechen hätten könntest. Gebe zu, ich schloss die Augen, damit ich nicht sah, wie das Monster auch dir das Fleisch aufschnitt. Gebe zu, ich hörte weg, damit ich deine Schreie nicht mitbekam. Und es geschah so unabsichtlich, ich hätte sagen können; Gott, ich habe das nie bemerkt. Aber das hatte ich. Jedes Mal, als ich abwog, ob ich dir was vorspielen sollte oder das sein sollte, was ich war, bemerkte ich, dass das richtige Ich nicht gut für dich war. Und ich tat es. Du hast Recht. Ich war so miserabel und tat es, ich schob das Monster auf dich.

Es tut mir leid.

Aber vielleicht, nur vielleicht.. Hättest du es ganz am Anfang gesagt, hättest du es zugegeben, vielleicht, hätte ich es ändern können. Für dich hätte ich mich bis zum letzten Tropfen Blut ändern können. Es tut mir leid.


1 Kommentar:

  1. Im Leben hat mir noch nie jemand einen so schönen Kommentar geschrieben. ich bin gerade echt sprachlos, weil das unglaublich süß, nett, aufmerksam und wahnsinn ist!

    Ich weiß nicht woher es kommt, dass ich so schreibe, es ist einfach mein Gefühl was ich aufschreibe und dabei kommt das raus. Es ist glaube ich nicht etwas was man erlernen kann, jeder hat es auf seine Art und Weise und jeder kann das ausdrücken was ihn beschäftigt. Meine Gefühle sind immer nur sehr intensiv und so sind meine Worte die ich auf meinem Blog nieder schreibe.

    Auf Instagram habe ich extra immer nur Bilder wo man mich nicht ganz sieht, ich will ja nicht das jeder weiß wie ich aussehe, ausserdem macht das manchmal viel kaputt und das möchte ich nicht. (: Wie heißt du bei Instagram?

    danke nochmal für deinen kommentar ♥♥

    AntwortenLöschen