Donnerstag, März 13

Dich liebte ich lebendig.

Du warst davor schon online, ich habe gehofft, dass du vl mir schreibst, aber das hast du nicht getan. Und jz weiß ich nicht warum du mir schreibst, wahrscheinlich, weil du gesehen hast, dass ich dir schreib, aber ok. Und davor hast wahrscheinlich nicht geschrieben, weil du dachtest, ich will dich nicht, auch ok.
Aber das stimmt gar nicht. Weißt du? Ich rede oft mit Anna über dich, sie erzählt mir von Lukas und ich erzähl ihr von dir. Und komisch ist, jedes Mal genau dann merke ich, was du eigentlich für mich bist.
Ich mein, wir wissen doch beide, dass du nicht direkt zu meiner Definition von Schönheit gehörst. Aber ich finde dich so atemberaubend schön. Du bist der schönste Mann auf der ganzen Welt. Das zum Beispiel ist mir klar geworden, als ich mit Anna geschrieben hab. Nur wie du Luft holst, fasziniert mich und wenn du schläfst und ich dir zuschauen darf, ich glaube ich könnte in diesem Augenblick sterben und zwar als der glücklichste Mensch auf Erden. Weißt du? Dein Gesicht fasziniert mich oder deine Wortwahl, obwohl ich nichts verstehe. Dass du gebildet bist und so viel schon gesehen hast, obwohl du noch 19 bist, das fasziniert mich. Ich weiß nicht, ich würd dich augenblicklich zum Vorbild machen, aber ich weiß, ich schaff es nicht so viel wie du zu erreichen. Und ich Liebe deine Intelligenz, vielleicht bin ich einer von diesen Menschen, die Intelligenz attraktiv finden? Wer weiß. Und du hast ein gutes Herz, ich versteh noch nicht ganz, wie es tickt. Ich versteh deine Grenzen noch nicht, ich kenne sie noch gar nicht. Vielleicht werde ich nie so viel Zeit haben, sie kennen zu lernen. Wer weiß. Und ich liebe dich. Ich bin wütend. Traurig. Am Boden zerstört. Aber ich liebe dich. Ich liebe dich zum Beispiel für das, dass du jetzt die ganze Zeit online warst und geduldig darauf gewartet hast, dass ich das hier sende. Ich liebe dich aber auch für deine Stimme oder nur für die Wölbung zwischen den Lippen und dem Kinn. Und für die Freiheit. Ja, dafür liebe ich dich auf jeden Fall.
Ich weiß nicht, was die Depression aus mir genau gemacht hat und was sie aus mir noch machen wird. Aber ich weiß, was sie gemacht hat. Ich weiß die ganzen Fingerabdrücke auf der Seele und die kleinsten Schmerzen, die in Wirklichkeit so groß wie Herzinfarkte waren. Und sie quält, zwingt mich in die Schwärze. Lässt mich meine Persönlichkeit verlieren. Oh ja, das tut sie. Und ich bin plötzlich sie, sie bin ich. Und trotz alldem weiß ich, wer du bist, was du für mich bist. Du kannst mich gern in einem Topf mit der Depression reinhauen, aber bei dir hört es auf. Wie einen Mantel lass ich die Haut der Depression fallen. Vor dir trete ich nackt auf. Vor dir trete ich mit der Wahrheit auf. Ich liebe dich. Und das tue ich mit dem ganzen Herzen, auch wenn das Herz nicht mehr weiß, wie es richtig schlagen soll. Eines weiß es aber, wie es dich lieben kann. Und das tut es. Weißt du? Diese Krankheit erobert meine Gedanken, beeinflusst meine Gefühle, meine Bewegungen, den Grad der Schmerzen. Außer mein Herz. Und ich kann dich immer noch geradeaus lieben, ohne gezwungen zu sein, ohne Abschied zu nehmen. Ich kann dich mit der ganzen Nacktheit lieben, mit der Wahrheit, mit diesem Teil, das nie weggeht. Ich kann dich lieben, wie das Lächeln in deinem Gesicht, als du auf mich vor dem Westbahnhof zugekommen bist. Oder deine Haare, wie die Feder eines Vogels, zwischen den Fingern. Ich liebe dich, wie den Schokoladengeschmack bei unserem ersten Kuss. Oder deinen Geruch an deiner Brust. Ich liebe dich genau wie das Gefühl deiner Finger zwischen den meinen zu haben. Ich liebe dich wie all deine Träume und deine Augen, die leuchten, wenn du sie mir erzählst. Ich liebe dich wie deine Träume, die meinen Namen beinhalten. Ich liebe dich viel und mehr. Nie genug, einfach zu sehr.
Doch ich bin krank. Ich habe eine Krankheit, so wie Krebs oder Alzheimer. Ich habe eine Krankheit, die weh tut und zur Verlust von Dingen bzw. von Menschen führt. Ich habe eine Krankheit, Matthias, von der du die Größe kaum abschätzen kannst. Du kannst kaum abschätzen wie weit es in meinem Blut schon mitfließt oder über was für einen riesen Teil sie herrscht.
Und ich bin wütend. Und traurig. Ich bin kaputt und tot. Ich stoße dich weg, weil ich dir mich nicht antun will. Und ich tue es, egal wie satt du es auch haben möchtest. Ich kann nicht sagen: "Hey, warte mal. Ich höre jetzt auf." Ich höre nicht auf, sie hört nicht auf. Ich bin sie, sie bin ich. Du kannst mich kaum erkennen, ich selbst kann es kaum tun. Doch die Liebe, das bin ich.
Und ich werd dich abstoßen, ich werd dich anschreien, nieder machen, sagen, dass du nicht genug bist. Nichts von denen ist richtig, nichts davon trägt ein Stückchen Wahrheit. Ich will alleine sein. Warum will ich das? Nie anderes gekannt. Oder gekannt, aber vergessen. Vielleicht macht es mir ja einfach Angst unter Menschen zu sein, mit Menschen zu sein. Vertrauen, vielleicht macht mir das Angst. Und jedes winzige Signal, das einen winzigen Teil von "Ich werde dich verlassen" trägt, wird übertrieben. In meinem Kopf ist das nur das. Du verlässt, du gehst. Ich bin allein, vertraue keinem mehr.
Ich komme da nicht raus, nicht mehr. Ich bin nicht mehr auf der Seite, wo ich sage, ich will gesund sein, oh nein. Ich bin leider auf der Seite, wo ich sage, ich will sterben.
Und du, oh du, du könntest mich doch heilen, nicht? Wie stark hab ich daran geglaubt? Jeden Morgen dein Gesicht, dein Duft auf meiner Haut, ich war du, du warst ich. Sie hatte gar keinen Platz mehr irgendetwas zu sein. Wie schön das doch klingt, ich war du, du warst ich.
Erinnerst du dich noch daran? Ich wollte die sein, die man meinte, an der man dachte, wenn man deinen Namen erwähnte. Und ich war du, du warst ich, das waren wir. Zusammen. Hab ich nicht daran geglaubt?
Ich bin zu Barbara gelaufen, erzählt, was ich fühlte. Ich sagte: "Ich schaff es, ich kanns." Sie glaubte nicht daran, vielleicht glaubte sie einfach daran, dass das Leben für manche Menschen nicht geschaffen war, unter denen auch für mich. Ihr Glück war vorgetäuscht, das Lächeln auf den Lippen verschwand, als sie sagte: "Was wenn es wieder den Hügel runterkommt?" Ich starrte, stummte. Ich meine, das warst du, du, der ich war. Du, mit dem ich, ein schönes Wir waren. Ich dachte, das kommt nicht. Du würdest mich retten.
Du hast es nicht geschafft. ICH habe es nicht geschafft. Wie lang leb ich noch? Wie lang bleib ich noch? Nun ja, im Moment ist es egal.
Ich liebe dich. Das wollt ich nur sagen. Und ich geh, oder will gehen, weil wir es nicht mehr schaffen. Ich zerbrich, mach dich damit auch kaputt. Aber das wollte ich nie. Ich wollte deine Schreie nicht, oder die Tränen, die in der Nacht flossen. Jedes Mal, als ich mir dachte, du weinst, weinte ich mit. Es tat weh, dir weh zu tun. Ich wollte dir nie weh tun. Und du bist eiskalt geworden, kaum noch Gefühle da. Wer war es? Ich. Ich hab einen neuen Menschen aus dir gemacht. Und du, du bist noch da, aber ich seh dich nicht. Entweder versteckst du dich, oder ich übersehe dich. Aber ich liebe dich. Wohin ich auch geh, was ich auch tu, ich liebe dich.
Und wenn es aus ist mit uns, dann findest du irgendwann eine Neue, vielleicht hat sie auch braune Haare. Und du wirst trauern, du wirst vielleicht sogar wieder weinen. Keiner redet von Vergessen oder Verzeihen. Du wirst dich nur gewöhnen. Sicherlich wirst du mit ihr nicht genau das sein. Mich gibts nur einmal, sie genauso. Vielleicht wird sie nie über die Wölbung streicheln, oder deine Knochen nachfahren. (Ich frag mich, was du dir immer gedacht hast, als ich das tat? Hat es dir gefallen oder dich genervt?) Sie wird dich nicht so lieben wie ich. Aber sie wird dich lieben, anders, vielleicht besser, vielleicht kann man nicht besser lieben, aber schöner. Und ich? Wenn ich nicht sterbe und das alles besiege, werde ich sicherlich auch einen finden. Und ich werd ihm nie über diese Wölbung nachfahren, weil es weh tun wird, dich zu vermissen.
Ich liebe dich. Ich weiß nicht, wie sich die erste große Liebe anfühlt und ich sag das jetzt nicht, weil ich will, dass du dich gut fühlst. Aber ich habe keinen so geliebt wie dich. Vielleicht (wer weiß) war es wegen diesem Gefühl, dass du Heilkräfte hättest. Oder wegen der Wölbung. Vielleicht deine Intelligenz oder einfach die Art deiner Berührung. Und ich weiß, man kann Liebe nicht in mehr oder viel messen. Aber ich liebte dich am schönsten von allen. Ich liebte dich, weil ich lieben wollte. Ich liebte dich lebendig.


Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen